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Stadionul Giuleşti "Valentin Stănescu", Bucureşti (19.100 Plätze) Ground 697

FC Rapid Bucureşti vs. FC Steaua Bucureşti (0-0)

Liga I (1. Liga Rumänien) 10.500 Zuschauer (0 Gäste)

Das Stadtderby zwischen Rapid und Steaua stellte ohne Frage den Höhepunkt dieses verlängerten Wochenendes dar. Wieder einmal wurden Erinnerungen wachgerufen an das UEFA-Cup-Viertelfinale 2006, als sich die beiden Teams vor 50.000 Zuschauern im Nationalstadion gegenüberstanden. Das heutige Spiel kam längst nicht an den sportlichen Wert von damals heran, denn es traf der Tabellendritte auf den Tabellensiebten. Allerdings macht selbst die Tatsache dass sich beide Kontrahenten in nur drei Tagen im rumänischen Pokalwettbewerb erneut gegenüberstehen das heutige Spiel keinesfalls uninteressanter. Die Zeit bis zum großen Derbyabend überbrückten Michael und ich unter anderem mit dem Besuch des Triumphbogensund der beiden angrenzenden Rugbystadien "Arcul de Triumf" und "Tineretului", in denen wir uns wieder einmal einen Einlauf abholen konnten da wir ein leeres Stadion ohne vorher zu fragen fotografierten. Wir lernen es wohl nie! Zudem wurde ein viertes Mal das Dinamo-Stadion besucht, ehe es uns in ein italienisches Restaurant zum Pizza essen zog. Die Metro brachte uns zweieinhalb Stunden vor dem Spiel nach Crângaşi, der nächstgelegenen Metrostation zum Giuleşti-Stadion. In Stadionnähe hatte Michael sich mit Kasimir verabredet. Die beiden lernten sich am Freitag zufällig kennen, als Michael schon einmal Karten am Stadion ordern wollte. Kasimir hatte mal für ein Jahr in Hamm gelebt und spricht durch sein Germanistik-Studium nahezu perfekt deutsch. Rapid ist seine große Liebe! Er ist Anführer von einer der knapp 15 "Firmen", welche es in den Fankreisen des Eisenbahnervereins gibt, und wird aufgrund seiner Verbundenheit zu Deutschland von anderen auch gerne mal der Deutsche genannt. Nachdem wir auch Sjoerd wiedertrafen, führte uns Kasimir zu seinen Leuten. Es waren knapp 20 Ultras, doch sie selbst bezeichnen sich nicht so, sondern sie bestehen darauf dass sie eine "Firma" sind. Wir wurden einigen Leuten, wie zum Beispiel einem der Vorsänger, vorgestellt und es wurden ein paar Dosenbiere getrunken. Wirklich klasse wie wir hier aufgenommen wurden! Leider gab es auch eine schlechte Nachricht. Es sollten heute nämlich keine Gästefans kommen! Mist! Den Steaua-Fans wurden nur 400 Karten zugeteilt. Das waren wohl zu wenig, so dass sich Steaua dazu entschied überhaupt gar nicht zu kommen. Für Kasimir hatte das Fernbleiben nur einen Grund: Angst vor Rapid! Im Pokalspiel drei Tage später erschienen die Steaua-Fans allerdings wieder zahlreich und mit Pauken und Trompeten. Die Einladung vielleicht doch mit in die Peluza zu kommen mussten wir dankend ablehnen, wir hatten ja sowieso schon Karten für die Gegengerade (25 Lei - 5,90 €). So verabschiedeten wir uns fürs erste und suchten unseren Eingang. Die Tore waren wohl noch verschlossen und so wartete eine riesige Menschentraube vor dem Stadion auf den Einlass. Es dauerte nicht lange bis wir nun mitten im Pulk waren, welcher allerdings immer mehr drückte und quetschte. Zwar hatte jede Eintrittskarte einen festen Sitzplatz aufgedruckt, doch dieser Aufdruck macht höchstens in der Theorie Sinn, wird aber in der Praxis nicht umgesetzt. Wer zuerst kommt kriegt die besten Plätze! Und genau deswegen drückte es nun immer mehr, so dass sogar Kinder gegen Zäune gedrückt wurden. Man mag sich gar nicht vorstellen wie es da erst beim Eingang der Peluza aussehen würde. Zu allem Übel wurden auch noch moderne Drehkreuze eingesetzt, welche zum noch größeren Übel meinerseits mein Ticket einfach nicht lesen wollten und ich mich somit zunächst wieder zurückkämpfen musste um es an einem anderen Drehkreuz zu probieren. Dann klappte es aber und ich hatte endlich wieder Luft zum atmen. Ein paar Meter weiter klaffte übrigens ein ungesichertes Loch im Boden. Kaum auszudenken wenn dieses Loch noch vor dem Drehkreuz gewesen wäre. Das nächste Problem wartete nun am Aufgang zur Tribüne. Dort wurden die Zuschauer ein zweites Mal abgetastet. Blöderweise wäre ich zwar reingekommen, doch meine Kamera hätte draußen bleiben müssen. Dass ich das auf gar keinen Fall akzeptieren würde, stand sofort fest. Also versuchte ich es erneut bei einem anderen Ordner. Aber auch dieser bemerkte meine Kamera und hatte etwas gegen sie auszusetzen. Sjoerd war zu der Zeit bereits zwei Mal reingekommen und wurde zu keinerzeit kontrolliert. Er sah von weitem meine Ratlosigkeit, fasste sich ein Herz, kam wieder zurück und nahm meine Kamera in einer stillen Ecke an sich. Wieder wurde er nicht kontrolliert, so schmuggelte er dann also meine Kamera hinein. Dank u well, Sjoerd! So konnte ich dann auch erstmal ein paar Bilder vom Stadion machen, welches seit 2001 im Zusatz den Namen des ersten Rapid-Meistertrainers Valentin Stănescu trägt. Die 19.100 roten und weißen Sitzschalen des 1939 eröffneten und zuletzt 1996 erweiterten Stadions kommen komplett ohne zweiten Rang aus. Die Gästekurve blieb wie angekündigt leider komplett leer, doch was die Heimfans trotz des sehr lahmen Kicks und der fehlenden Gästefans auf den Rängen veranstalteten war aller Ehren wert. Zu Spielbeginn wurde eine große Blockfahne präsentiert, in der ein Adler zu sehen ist wie er sich gerade auf ein Schaf stürzt. Der Adler, klar, das ist Rapid. Aber das Schaf? Auch das hat eine Erklärung. Steaua-Eigentümer Gigi Becali, einer der reichten Rumänen überhaupt welcher unlängst sogar Präsident werden wollte, wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Becali stammt aus einer Schafzüchter-Familie! Neben der Blockfahne und dem Fahnenmeer flackerten nun zahlreiche Bengalen auf, so dass sich bald die komplette Peluza in rotes Licht hüllte. Ein sehr geiler Anblick, besonders mit den Leuten oben auf dem Zaun! Einfach überall hinter dem Tor loderte es, teilweise auch auf unserer Tribüne. Auch später gab es immer mal wieder vereinzelte Bengalos zu sehen. Dabei wurden vor dem Spiel wohl 100 Bengalos von der Poliţie aus dem Verkehr gezogen. Gesanglich wurde man 90 Minuten lang bedient! Ein lautstarker und melodischer Support, welcher gefallen konnte. Das volle Potenzial wurde allerdings noch längst nicht abgerufen. So hofften wir dann auch vergebens dass das Heimteam den Gästen um Trainer Marius Lăcătuș wenigstens ein Tor einschenken würde. Das i-Tüpfelchen fehlte also. Nachdem das Spiel sein Ende genommen hat, harrten wir drei noch etwas vor dem Stadion aus, denn wir hatten uns erneut mit Kasimir verabredet. Als wir ihn dann trafen, hatte er zahlreiche Probleme seiner Kollegen mit der Polizei zu beklagen. Er führte uns wieder zu seinen Leuten, nahe eines Kiosks im Stadionumfeld. Der Kioskverkäufer ermahnte uns unser Bier sofort unter der Jacke zu verstecken, schließlich war hier rund um das Spiel kein Bierausschank erlaubt. Mit immer mehr Leuten kamen wir ins Gespräch und es hat einfach Spaß gemacht sich mit diesen Jungs auszutauschen. Ein-zwei weitere sprachen noch deutsch, manch andere hatten selbst mit englisch Probleme. So hatte Kasimir das eine oder andere Mal die Aufgabe zu übersetzen. Ein absoluter Kult-Typ ist Jandie! Jandie leitet sich von Jandarmaria ab und uns wurde versucht weiß zu machen dass Jarmie ein Polizist sei! Konnten wir nicht so ganz glauben, trotzdem wurde es sehr lustig in der Runde. Kasimir, Michael, Sjoerd und ich wollten nach einiger Zeit aufbrechen um an anderer Stelle noch etwas zu trinken. Wir verabschiedeten uns bei der Firma und stimmten zum Abschluss in einen letzten Schlachtruf mit ein. "Muie Steaua! Muie Steaua! Hey! Hey! - Muie Steaua! Muie Steaua! Hey! Hey!" schmetterten wir alle mit voller Inbrunst heraus auf die Straßen und die lautstark schallenden Hochhäuser von Giuleşti. Auch wenn es nur ein Schlachtruf war, ich für meinen Teil kann nur sagen: Es war ein Wahnsinnsaugenblick! Momente an die man sich noch in Jahren erinnert, mögen sie doch eigentlich noch so unbedeutend und kurz gewesen sein. Ein weiterer deutschsprechender Rapidisti, dessen Namen ich leider vergessen hatte, brachte uns zu einer Rockkneipe in der wir uns dann noch eine Weile über dies und jenes unterhalten konnten. Zu Fuß begleitete er uns Richtung unserer Unterkünfte und bot uns dabei sogar an den Weg zu wählen. Lieber einen kleinen Umweg oder doch der direkte Weg, wo allerdings auch schon mal ein Messer auf einen warten kann. Hmmm, den Umweg bitte! Nach der Einladung dass wir bei unserem nächsten Besuch in Bukarest gerne bei ihm unterkommen könnten, gab es eine Einladung doch mal nach Münster zu kommen um von dort aus ein interessantes Spiel des SV Meppen zu besuchen zurück. Wer weiß, vielleicht klappt es ja wirklich mal! Die folgende Nacht wurde kurz, denn um 5 Uhr klingelte bereits wieder der Wecker. Michael sollte erst am Nachmittag zurückfliegen, mein Flieger allerdings sollte bereits um 8 Uhr abheben. Der Abflug verzögerte sich noch etwas. Nachdem der Shuttle-Bus in dem ich saß den Flieger erreichte, dauerte es noch eine Weile bis ein zweiter kleinerer Bus mit Passagieren kam und selbst etwas später kamen noch einzelne verspätete Fluggäste mit Crew-Bussen an. Verwunderlich ist es nicht, immerhin steht man Ewigkeiten für die Sicherheitskontrolle an und das richtige Gate ist im Terminal einfach nirgendwo angeschlagen. Dennoch erreichte ich fast pünktlich Stuttgart und sechs Stunden später auch Münster. Es war ein tolles Wochenende in Rumänien! Vor vier Jahren hatte ich mich in dieses Land verknallt, spätestens nun aber hatte ich mich vollends verliebt! Ich kann gar nicht mal genau beschreiben warum, aber wahrscheinlich weiß das nicht mal ein Joachim S. wenn er über die Liebe zu seiner Angela M. erzählen soll. Es fiel mir richtig schwer Abschied zu nehmen, ich wäre am liebsten noch geblieben. Ich bin mir aber sicher dass noch viele Tage in diesem Land dazukommen. România - ich bleib dir treu! Auch wenn ich mit anderen Ländern flirte, du allein bleibst meine Numărul unu!






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