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Şükrü Saracoğlu Stadı, İstanbul (50.530 Plätze) Ground 1.000

Fenerbahçe SK vs. Sivasspor Kulübü (4-1)

Spor Toto Süper Lig (1. Liga Türkei) 10.934 Zuschauer (40 Gäste)

Istanbul - Eine Stadt auf zwei Kontinenten, mit 14 Millionen Einwohnern, einer Größe von 5.500 km² und einer Ost-West-Ausdehnung von 100 Kilometern. Das Tor zur Welt! Fast 500 Jahre war sie als Konstantinopel die Hauptstadt des Osmanischen Reiches, ehe 1923 die Republik Türkei gegründet wurde, in der Ankara zur Hauptstadt des neuen Landes gekürt wurde. Sowohl kulturell, als auch Fußballtechnisch ist Istanbul jedoch die Stadt schlechthin in der Türkei. Mit Galatasaray, Fenerbahçe und ‎Beşiktaş sind hier die drei erfolgreichsten Vereine des Landes Zuhause. Eine hervorragende Stadt also für meinen Länderpunkt Türkei! Und so buchte ich im Juli die Flüge für ein verlängertes Wochenende im September. Doch es sollte sich rächen dass ich ausnahmsweise mal nicht mit einem Billigflieger vorliebnahm, sondern ich Air France damit beauftragte mich an den Bosporus zu bringen. Diese streikten ausgerechnet im September, so dass ich letztlich zum Umbuchen gezwungen war und mich für diesen Termin im Dezember entschied. Inzwischen hatte sich mehr als deutlich abgezeichnet welche Auswirkungen die im Sommer im türkischen Profifußball eingeführte personalisierte Fankarte "Passolig" mit sich brachte. Die Zuschauerzahlen sanken dramatisch ein und auch der große Teil der türkischen Fankultur verschwand aus den Stadien. Mittlerweile liegt das Land fantechnisch auf der Intensivstation mit nur wenig Hoffnung auf eine baldige Genesung. Jeder Besitzer der verpflichtenden Plastikkarte wird automatisch Kunde einer Bank. Sämtliche persönliche Daten sind auf ihre gespeichert, auch die Eintrittskarten werden auf ihr aufgeladen. Papiertickets gibt es in den ersten beiden Ligen also nicht mehr. Immerhin gilt eine Passolig für Spielbesuche in der gesamten Liga, sie ist also nicht wie in den Niederlanden oder Polen an einen bestimmten Verein gebunden. Es gab für mich kein Zurück mehr, auch wenn der Zeitpunkt der Reise sich mittlerweile eben als recht ungünstig darstellte. Am Donnerstagabend ging es per Bahn nach Bremen, von wo es am frühen Freitagmorgen mit einer kleinen Embraer 170 nach Paris Charles de Gaulle weiterging. Fluganbieter war hier eine Air France Tochtergesellschaft mit dem passenden Namen "Hop!". Zwei Stunden nach der Ankunft brachte mich nun ein Airbus-Vogel zum Flughafen Istanbul-Atatürk. Jetzt ging es per Metro und Straßenbahn weiter zum Fährhafen Eminönü. Schließlich galt es heute nicht nur meinen neununddreißigsten Länderpunkt, sondern auch meinen eintausendsten Ground einzufahren, und der sollte auf der asiatischen Seite der Stadt im Stadion von Fenerbahçe fallen. Zwanzig Minuten schipperte ich über den Bosporus nach Kadıköy. Hier war ebenso wie in der Metro und den anderen Bahnen die "Istanbulcard" gültig, auf der Guthaben aufgeladen werden kann. Meist ein bis zwei türkischen Lira (1 TL = ca. 0,35 €) werden dann pro Fahrt wieder abgezogen. Vom Fährhafen in Kadıköy ist das vor 107 Jahren erbaute Şükrü Saracoğlu Stadı fußläufig zu erreichen. Gesamtdauer ab Atatürk-Flughafen: Satte 2,5 Stunden! Noch kurz auf dem Weg beim Hotel vorbeigeschaut, begann nun das Abenteuer Eintrittskarte. 18 Uhr Ortszeit, noch zwei Stunden bis zum Kick-off! Meine vor einem Monat Online beantragte Passolig war noch immer nicht da, sie sollte eigentlich am Stadion hinterlegt werden. Aber Passolig versicherte mir per E-Mail dass es kein Problem wäre wenn sie zum Termin noch nicht da ist, für diesen Fall gäbe es die "One-Passolig". Doch am Passolig-Schalter am Stadion hieß es lediglich "No Passolig - No Ticket", ohne eine weitere Erklärung des nur rudimentär englisch sprechenden Mitarbeiters hinter der Scheibe. Was diese One-Passolig sein sollte verstand er nicht. Jetzt bekam mein Nebenmann mein Problem mit, er hatte wohl schon einmal das gleiche Problem gehabt. Er verwies auf einen Supermarkt, wo mir geholfen werden könne, zehn Minuten Fußweg von hier in diese Richtung da... nein Moment, in diese Richtung... glaubte er, ohne es mit Gewissheit zu wissen! Nett und hilfsbereit schien er, doch letztlich brachte er mich auf eine komplett falsche Fährte, gefunden wurde natürlich nichts. Die Zeit verstrich, auch nach einem weiteren Rundgang ums Stadion sowie dem Besuch der Akkreditierungsstelle blieb ich ohne Einlassmöglichkeit. Ordner schickten mich immer wieder in Richtung "Fenerium", wo ich allerdings glaubte schon alles abgeklappert zu haben. Letztlich fand ich doch noch einen kleinen Ticketschalter, versteckt neben dem Migros-Supermarkt an der Straße Şefik Bey Sk. Dummerweise war es jetzt bereits 19:45 Uhr und ein Blick auf die Schlange vor dem Schalter verriet mir dass ich es mit Sicherheit nicht pünktlich bis zum Anstoß schaffen würde. Und so war ich gerade dabei zu resignieren, als ich von mehreren Händlern nacheinander angesprochen wurde ob ich noch ein Ticket bräuchte. Es wurden Zahlen zwischen 150 und 200 in die Handys getippt und mir gezeigt. Zu viel! Ich bot 100 an, was eigentlich immer noch zu viel war, aber eben mein Problem lösen sollte, auch wenn ich noch nicht so genau wusste wie das funktionieren sollte. Im gleichen Atemzug in dem ich mein Angebot abgab wurde mir bereits die Plastikkarte in die Hand gedrückt und wurde zur Zahlung des Hunderters aufgefordert. "Tek Girişlik Pass" lautete der Aufdruck, "Einzel-Eintrittskarte" also! Der Händler ging mit mir bis zum Eingang und riet mir eindringlich lieber meine Kapuze aufzusetzen! Gesagt getan! Das grüne Licht, welches erstrahlte nachdem ich die Karte an den Kartenleser hielt, war schon mal ein gutes Zeichen! Jetzt schnell abtasten lassen und durchmarschieren! Ich erkannte dass über dem Einlass Monitore angebracht sind und dort wurde soeben neben meinem Bild von gerade eben sicherlich nicht ein weiteres Foto von mir angezeigt, sondern das meines Verkäufers. Und ganz ehrlich, vielleicht sehe ich aus wie ein Schotte, vielleicht sehe ich auch aus wie ein Norweger, doch Gewiss mag ich einfach keine Ähnlichkeit mit dem Aussehen eines Türken haben! Ich wollte nur noch schnell weiter ins Stadion, wurde jedoch von gleich zwei Ordnern daran gehindert. Heilige Scheiße, das wars! Das Spiel ist aus! Jetzt werde ich hier rausgeschmissen! Aber nein, es ging um meine neue Spiegelreflexkamera! Ein Foto damit und sie würde auf der Stelle einkassiert werden! Das waren zwar keine schönen Nachrichten, aber hey... ich war drin! Ich habe es geschafft in ein 50.000 Zuschauer fassenden Stadion zu kommen, welches am heutigen Abend mit gerade mal offiziell 10.934 (darunter mehr als 9.500 Jahreskartenbesitzer) gefüllt sein sollte. Beim nächsten Liga-Heimspiel in zwei Wochen werden 39 Personen verhaftet, welche sich mit den Passoligs vom Vater, vom Bruder oder sonstigen Verwandten oder Bekannten Zutritt zum Stadion verschafft haben werden. Sie werden von der Polizei in Gewahrsam genommen und letztlich im Krankenhaus forensisch untersucht. Ihnen wird Hausfriedensbruch vorgeworfen. Unter den Personen werden sich mehrere Kinder befinden! Ich hatte ein unheimliches Glück! Letzte Saison hatte Fenerbahçe noch einen Schnitt von 35.000 Zuschauern. Heute herrschte fast schon eine Geisteratmosphäre im Şükrü-Saracoğlu-Stadion. Ich hatte freie Platzwahl auf der Hintertortribüne neben dem kleinen Überbleibsel der Fener-Fanszene. Die Gesänge der kleinen Gruppe im Oberrang blieb wie zu erwarten völlig ohne Durchschlagskraft. Oftmals schallten die Gesänge der 40 Gästefans durch die Arena. Zwar machten zwischendurch auch mal andere kleine Fangruppen der Hausherren auf sich aufmerksam, doch auch sie wirkten in diesem großen Stadion mit ihren Anfeuerungen ziemlich blass. Das Spiel des Tabellendritten gegen den Zwölften von Sivasspor war schnell entschieden. Spätestens nach dem 3-1 kurz vor dem Pausenpfiff tat Fener nur noch das Nötigste. Auf den Rängen und auf dem Spielfeld war es einfach nur noch langweilig. Auch das Stadion selbst konnte mich nur wenig begeistern. Zwar hat das 4-Sterne-Stadion mit seinen 50.530 überdachten Sitzplätzen eine beachtliche Größe, doch sehen hier alle vier Seiten des doppelstöckigen Stadions gleich aus. Einzig positiv ist da vielleicht noch die Nähe zum Spielfeld! Aber ich hatte ihn endlich im Sack... meinen Eintausendsten Ground! Am nächsten Morgen unterhielt ich mich noch mit dem deutschsprachigen Angestellten meines Hotels über die unsinnige Fankarte. Wenn ich das nächste Mal zu Gast im Hotel Glorina sein sollte und wieder ein Heimspiel von Fenerbahçe besuchen wolle, soll ich mich doch einfach vorher mal melden, man würde schon für die Organisation eines Tickets sorgen! Und das obwohl der gute Mann eigentlich Galatasaray-Fan sei... Das Angebot wird sicherlich nicht nur für mich gelten. Wer also noch auf der Suche nach Hotel und Ticket für einen Besuch im Şükrü Saracoğlu ist...!





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