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Stade Saniat Rmel, Tétouan (10.000 Plätze) Ground 1.130

Moghreb Atlético Tetuán vs. Chabab Rif Al Hoceïma (2-1)

GNF 1 (1. Liga Marokko) 2.000 Zuschauer (200 Gäste)

Die Sehnsucht nach einem "neuen Land" war groß, schließlich lag der bisher letzte Länderpunkt nun bereits 24 Monate zurück. Nun war zunächst ein Flug nach Malaga angedacht, um neben einem Besuch in der spanischen Primera Division den Länderpunkt Gibraltar abzuhaken. Dann aber, an diesem kalten Januar-Abend, entdeckte ich Freudestrahlend ein noch viel besseres Angebot: Ryan Air-Flüge für 44 € Retour nach Marokko! Zum Wochenend-Ticket-Preis mal eben nach Afrika? Klar doch! Jetzt noch das passende Wochenende rausgesucht und schon wurde gebucht. Nur hoppende Reisebegleiter konnten beim besten Willen nicht gefunden werden. Bei einem Besuch meines reisefreudigen Vaters im Emsland erzählte ich später von meinem Vorhaben und nur Minuten später wurde ich damit beauftragt Flüge für ihn und seine bessere Hälfte für das auserkorene März-Wochenende nachzubuchen. Remember Zypern 2012, als ich bereits schon einmal mit den beiden unterwegs war und wir uns den Eintritt bei einem nordzypriotischen A-Junioren-Kick erbetteln mussten!


Am Freitagmorgen standen die beiden Globetrotter dann vor der Haustür. Nach einem gemeinsamen Frühstück und dem Wegbringen des Enkelkindes in den Kindergarten durfte es dann auch für mich losgehen. Drei Stunden mit dem PKW zum Flughafen Hahn sowie noch einmal die ähnliche Zeit mit dem Flieger in die Millionenstadt Tanger (Tandscha), an der Nordküste von Marokko. Eine internationale Stadt mit geschichtlichen Einflüssen der Franzosen, Spanier, Engländer, Portugiesen, Niederländer und Belgier. Von 1923 bis 1956 war die "Internationale Zone von Tanger" ein selbstverwaltetes Terretorium, parallel zu Spanisch-Marokko (Hauptstadt: Tétouan), Französisch-Marokko und diversen Kolonien. Es folgte der Anschluss an das nun unabhängige Marokko, wie man den Maghreb-Staat auch heutzutage noch kennt. Jedenfalls waren wir nun in Nordwestafrika angekommen und am Flughafen Tanger "Ibn Batouta" sollten uns angenehme 25 °C erwarten. Knapp 15 Kilometer liegt er vom Zentrum der Stadt entfernt, doch einen Nahverkehrsanschluss sucht man hier vergebens. So ging es dann mit dem Taxi erst einmal ins zentrumsnahe Hotel, wo uns ein nagelneues 75 m² Appartement für knapp 20 € pro Person/Nacht für die nächsten zwei Tage eine Unterkunft bieten sollte. Gleich nebenan gab es für uns noch ein Abendessen in einer Teestube mit warmer Küche. Wir waren fast die einzigen, welche hier überhaupt etwas aßen. Rundherum nahezu nur Männer die an ihren Tischen saßen und genüsslich ihren Tee tranken. Frauen waren hier vergebens zu finden. Wir probierten letztlich auch mal diesen traditionellen marokkanischen Pfefferminztee, und ich muss schon sagen: Wirklich köstlich und sehr erfrischend!


Am nächsten Morgen wollten wir dann endlich mal etwas mehr die Stadt kennen lernen und so schlenderten wir in Richtung Altstadt, der Medina. Wir nahmen das Angebot eines deutschsprachigen Stadtführers an und ließen uns für 20 € gut 1,5 Stunden die engen Gassen der Medina sowie deren Umgebung zeigen. Natürlich war auch eine Verkaufsveranstaltung in einer Hinterhofapotheke dabei, doch wir verzichteten auf den Kauf irgendwelcher überteuerten Cremes oder Salben. Die Tour war wirklich beeindruckend. Ohne den Guide hätten wir vieles sicherlich nicht gesehen. Meine Wegbegleiter verlängerten die Tour noch etwas, doch ich musste mich erst einmal verabschieden. Ärgerlicherweise wurde das Heimspiel von IR Tanger verlegt, so dass heute nicht im 45.000er "Grand Stadion" von Tanger gespielt wurde, sondern auswärts bei einem CAF Confederations-Cup-Spiel in Guinea. Als Alternative wurde die Partie im 60 Kilometer entfernten Tétouan auserkoren. Vom Busbahnhof (Gare Routière de Tanger) aus ging es in knapp 45 Minuten Busfahrt entlang des Rif-Gebirges dorthin. Zunächst sollte die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende Medina von Tétouan besucht werden. Kurz davor wurde ich von einem Einheimischen zugetextet, welcher sich zwar zunächst wieder verabschiedete, dann aber noch neben mir lief und irgendwie war ich nun schon mitten in der Stadtführung. Letztlich aber völlig okay, da ich mich hier ohne ihn vollkommen Verloren hätte. Nur gab es auch hier wieder den Besuch in der Apotheke, doch die Warnung dass ich das alles schon kenne und eh nichts kaufe wurde ignoriert. Auch im anschließenden Teppichhandel blieb man bei mir ohne Verkaufserfolg. Am Ende wollte der Guide 20 € von mir, doch ich entlohnte ihn gemischt mit Dirham und Euro zusammengerechnet mit knapp 12,50 €. Immer noch mehr als genug Geld für einen Marokkaner. Nachdem er mich aus der Medina wieder raus geführt hatte durfte es dann zu Fuß die gut 2.000 Meter zum Stadion gehen.


150 Dirham (14 €) sollte die Haupttribünenkarte bei diesem Erstligaspielchen zwischen Tétouan und den Jungs aus dem 230 Kilometer entfernten Al Hoceïma (für marokkanische Verhältnisse ein Derby) kosten. Doch ich musste mit Erschrecken feststellen dass ich gar nicht mehr so viel dabei hatte. So gab es dann nur eine Kurvenkarte für schlappe 30 Dirham (2,80 €) und ich erfuhr am Stadioneinlass um den Respekt, welche die Supporter hier vor den örtlichen Sicherheitsorganen haben. Da wurde bei der Kontrolle wohl ein wenig zu viel gedrängelt. Ein Polizist sprach ein lautstarkes Machtwort und die zehn Leute um mich herum traten urplötzlich alle zwei Meter zurück (ich natürlich auch). Wahrscheinlich so etwas wie ein Fanbeauftragter hatte mich kurz zuvor gemustert und versucht mich in spanisch, französisch und arabisch anzusprechen. Aber ich, der ja statt auf eine vernünftige Schule zu gehen lediglich auf eine Baumschule ging, spreche so etwas ja nicht. Jedenfalls identifizierte er mich als "Tourist", was er auch genau so dem untersetzten, mit Orden behangenen Ober-Polizisten am Eingang verklickerte, als ich an der Reihe war. Ich wurde nun freundlich herein gebeten und auf gänzliche Kontrollen wurde verzichtet. Zuvor im Internet hatte ich die reinsten Horrorgeschichten vom Stadionbesuch in Tétouan gelesen. Genau wie von der Stadt allgemein und auch von dem angeblichen Drecksloh Tanger. Tatsächlich jedoch hatte ich mich an diesem Wochenende nie wirklich unsicher oder unwohl gefühlt! Klar geben hier die Sicherheitskräfte eine gewisse Disziplin vor, aber das hielt sich doch alles noch vollkommen im Rahmen. Im Stadioninneren gab es vor dem Spiel böse Blicke und Worte von Militär und Polizei falls man mal rumstand und sich nicht auf die Steinstufen setzte. Doch ist das im Grunde ja auch nichts anderes als wenn man in der Bundesliga auf den Wegen der Treppenstufen rumsteht. Der 1913 eröffnete Ground verfügt seit einigen Jahren über einen Kunstrasenbelag. Die rot-weiß gehaltene Haupttribüne bietet ein geschwungenes Dach. Das restliche Stadionoval bietet breite Stufen zum sitzen.


2.000 Zuschauer dürften es dann heute wohl bestimmt gewesen sein, vielleicht sogar bis zu 2.500 Besucher, darunter jedenfalls 200 meist sehr stille und sitzende Gäste. Doch unter den gesamten vielleicht 1.500 Zuschauern in der Kurve und auf der Gegengerade war keine einzige Frau ausfindig zu machen! Men Area! Vielleicht auch besser so bei diesen Toiletten! Ein paar dunkle Kammern ohne Türen, bei denen die Leute ihre Handys zum leuchten mitnehmen, da es ansonsten Stockdunkel ist. Und in der Mitte der Kammer dürfte da wohl ein Loch im Boden gewesen zu sein. So ganz genau wollte ich das mein Mobiltelefon allerdings nicht erkunden lassen! Ich war einzig und alleine froh dass ich hier nichts großes vor hatte! Im Spiel traf der sechsfache marokkanische Meister (zuletzt 2014, in der Saison 1950/51 spielte man sogar in der zweiten spanischen Liga) auf seinen Gast aus Al Hoceïma, welcher besonders bei den Rif-Berbern beliebt ist. Nach 50 Minuten ging der Gast in Führung. Ab der 81. Spielminute hatte der Stadionfreund himself dann die Wende herbei geführt! Denn in dieser Minute fand der Spielball den Weg auf die Tribüne, direkt auf meine Faust. Er prallte wieder ab, stieg in den purpurroten Abendhimmel und in die Weiten des Rif-Gebirges empor und schien nie wieder zurückzukehren! Naja... vielleicht war er auch an der flachen Hand abgeprallt und ich hatte meinen Vordermann damit getroffen, hauptsache Spielballberührung beim Länderpunkt! Jedenfalls hatte diese Aktion großes Glück für die Heimelf gebracht. Denn nur zwei Minuten später gab es einen Foulelfmeter für Tétouan, welcher verwandelt wurde. Dazu die zweite rote Karte für die Gäste. Und in der 91. Spielminute folgte ein euphorischer Zaunsturm der Heimfans, denn tatsächlich fiel noch der 2-1 Siegtreffer! Was für eine geile Schlussphase! Im Trubel erhielt Chabab noch eine Ampelkarte, so dass sie letztlich zu acht das Spielfeld verließen. Die Fans waren zuvor natürlich richtig heiß, sie konnten spüren dass hier noch etwas gehen konnte. Das es tatsächlich so kam war natürlich umso gewaltiger! Bis zu knapp 300 Anhänger bemühten sich im Verlaufe des Spiels immer wieder um Stimmung mit diversen, größtenteils arabisch sprachigen Liedern. Hin- und wieder ein Hingucker, aber unterm Strich kein Knaller. Den Abend ließ ich mit einem Essen in der Neustadt ausklingen, ehe es zurück zum alten Busbahnhof an der Avenue Hassan II ging. Die Busse von CTM fahren hier ab, alle übrigen am weiter südlich gelegenen neuen Busbahnhof von Tétouan. Im Internet gab es nur noch die Verbindung ab 22:45 Uhr (drei Stunden nach Spielende) zu buchen, doch zwei Minuten vor Abfahrt der früheren 21:30-Verbindung (die allerdings verspätet war) durfte ich dann doch noch umbuchen, so dass ich zumindest ein wenig eher wieder nach Tanger kam. In Tanger war allerdings am etwas außerhalb gelegenen CTM-Bahnhof nähe des Morora-Bahnhofs Schluss, so dass ein Taxi zum Hotel her musste. War ein wirklich beeindruckender Tag, doch als ich dann gegen 23:30 Uhr im Appartement eintraf und wir uns gegenseitig von unserem Tag erzählten (Kamelreiten, Besuch der Grotte, etc), fiel ich kurz darauf sichtlich müde auf die Schlafcouch.



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